Jane Jacobs

Jane Jacobs wurde 1916 in Scranton, Pennsylvania in den USA als Jane Butzner geboren und war eine Urbanistin und Aktivistin, deren Werke einen für ihre Zeit revolutionären, menschen- und gemeinschaftsorientierten Ansatz in der Stadtentwicklung betonten. Obwohl sie keine formale Ausbildung als Stadtplanerin hatte, hat ihr bekanntestes Buch „The Death and Life of Great American Cities“ bahnbrechende Ideen zu Funktionsweisen, Entwicklung und Scheitern von Städten dargelegt, die heute für ArchitektInnen, StadtplanerInnen, PolitikerInnen und AktivstInnen selbstverständlich sind.

Jane Jacobs betrachtete Städte als Ökosysteme, deren eigene Logiken und Dynamiken sich im Laufe der Zeit abhängig von ihrer Nutzung ändern. Mit ihrem Blick für Details schrieb sie eloquent über Gehsteige, Parks, Nachbarschaften, Gebäude und urbane Selbstorganisation. Sie trat für höhere Dichte, kleinteilige Quartiere, lokale Ökonomien, vielfältige Gebäude und Mischnutzungen ein und stellte sich als urbane Aktivistin erfolgreich gegen die autozentrierte Stadtplanung der 1960er-Jahre, zuerst im New Yorker Greenwich Village im Konflikt mit dem Stadtplaner Robert Moses und nach ihrer Emigration nach Kanada in Toronto.

Einige ausgewählte Aspekte ihrer wesentlichen Theorien zur Funktionsweise von Städten:

  • Eyes on the Street: Belebte Gehsteige und die wachsamen Augen der FußgängerInnen sorgen für Sicherheit auf den Straßen.
  • Social Capital: Die alltäglichen Aktivitäten und Interaktionen in einer Nachbarschaft schaffen langsam ein Netzwerk an Beziehungen zwischen Nachbarn. Dieses Sozialkapital ist eine Basis für gegenseitiges Vertrauen, gemeinsame Anstrengungen und Resilienz in Krisenzeiten.
  • The Generators of Diversity: Vier Faktoren in der Stadtplanung machen eine Stadt vielfältig, sicher, sozial inklusiv und wirtschaftlich erfolgreich:
    • Mixed Uses / Mischnutzungen: Eine Mischung von Wohnungen, Arbeitsplätzen und Geschäften bringt Menschen zu allen Tageszeiten auf die Straßen.
    • Aged Buildings / Alte Gebäude: Alte Gebäude bieten kostengünstigen Raum für neue oder nicht-profitorientierte Unternehmen.
    • Small Blocks / Kleinteilige Quartiere: Ein dichtes Straßennetzwerk bedeutet mehr Möglichkeiten für Geschäfte und mehr Chancen für BürgerInnen, ihre Nachbarn zu treffen.
    • Population Density / Bevölkerungsdichte: Man braucht viele Menschen auf wenig Raum damit Straßen, Parks und Geschäfte ausreichend genutzt werden.
  • Make Many Little Plans: Ein vielfältiges Stadtviertel kann nur erreicht werden wenn wir es möglichst vielen, unterschiedlichen Menschen ermöglichen, dass sie ihre eigenen, kleinen Pläne umsetzen – individuell und kollektiv.

Jane Jacobs stellte demgemäß die Menschen in den Mittelpunkt ihrer Beobachtungen und Handlungsempfehlungen. Sie betonte die Wichtigkeit der Einbeziehung der vor Ort lebenden BürgerInnen in die Entwicklung ihrer Nachbarschaften und forderte diese auf, sich aktiv einzubringen, schließlich seien sie selbst die besten ExpertInnen zu jenen Orten, an denen sie leben, wohnen und arbeiten.

“No one can find what will work for our cities by looking at … suburban garden cities, manipulating scale models, or inventing dream cities. You’ve got to get out and walk. Walk, and you will see that many of the assumptions on which the projects depend are visibly wrong. (…) The citizen can be the ultimate expert on this; what is needed is an observant eye, curiosity about people, and a willingness to walk.” — Jane Jacobs, Downtown is for People (Fortune Classic, 1958)

Besonders bekannt ist Jane Jacobs auch für ihre Betonung der Bedeutung von „Eyes on the Street“ und ihre Beschreibung des „Sidewalk Ballet“, also des regen Treibens auf den Gehsteigen New Yorks, welches einem Ballett ähnelt:

“Under the seeming disorder of the old city, wherever the old city is working successfully, is a marvelous order for maintaining the safety of the streets and the freedom of the city. It is a complex order. Its essence is intricacy of sidewalk use, bringing with it a constant succession of eyes. This order is all composed of movement and change, and although it is life, not art, we may fancifully call it the art form of the city and liken it to the dance — not to a simple-minded precision dance with everyone kicking up at the same time, twirling in unison and bowing off en masse, but to an intricate ballet in which the individual dancers and ensembles all have distinctive parts which miraculously reinforce each other and compose an orderly whole. The ballet of the good city sidewalk never repeats itself from place to place, and in any one place is always replete with new improvisations.”  — Jane Jacobs, The Death and Life of Great American Cities

Neben ihrem stadtplanerischen Werk setzte sich Jane Jacobs in ihren Büchern insbesondere auch mit ökonomischen und sozialen Themen auseinander. Am 25. April 2006 starb Jane Jacobs knapp vor ihrem 90. Geburtstag in Toronto.

In Erinnerung an Jane Jacobs starteten Freunde von ihr im Jahr 2007 Jane’s Walk mit einer Handvoll Walks zur Erkundung unterschiedlicher Nachbarschaften in Toronto. Innerhalb der kommenden Jahre sollte sich Jane’s Walk weltweit ausbreiten und verzeichnete zehn Jahre später im Jahr 2016 mehr als 1.000 Walks in 212 Städten in 36 Ländern auf 6 Kontinenten. Seit 2014 gibt es Jane’s Walk auch in Wien.